Einmal jährlich zum Tierarzt?
"Meine Katze ist ohnehin gesund und es wird sowieso viel zu viel geimpft - warum sollte ich ihr denn diesen Stress antun und zum Tierarzt gehen, wenn ich sie gar nicht mehr impfen lasse?"
So denken inzwischen immer mehr Katzenbesitzer - und manchmal kann das auch tatsächlich für ein paar Jahre gut gehen. Aber sehr oft auch nicht ....
Es gibt viele sehr gute Gründe, seine Katze mindestens einmal, vielleicht sogar halbjährlich, untersuchen zu lassen!
Impfungen
Den jährlichen Tierarztbesuch auf eine Impfung zu reduzieren, wäre tatsächlich eine sehr eingeschränkte Sichtweise der Gesundheitsvorsorge. Impfungen können inzwischen individuell auf den Lebensstil der Katze angepasst werden und nach einer soliden Grundimmunisierung sind gerade für die ausschliesslich in der Wohnung lebende Katze oft nur noch alle drei bis vier Jahre Auffrischungsimpfungen notwendig.
In der Zwischenzeit?
Impfungen sind ja nur ein kleiner Teil von allen möglichen gesundheitlichen Vorsorgemassnahmen - und für manche Wohnungskatze liegen die Gesundheitsrisiken ganz eindeutig nicht bei den Infektionskarankheiten. Je älter die Katze wird - und die Lebenserwartung von Katzen steigt beständig! - desto mehr chronische und altersbedingte Erkrankungen können sich einschleichen. Zu den häufigsten und gesundheitlich wichtigsten Problemen gehören aktuell unter anderem Übergewicht und Erkrankungen von Zähnen und Zahnfleisch.
Das wichtigste und oberste Gebot bei allen Erkrankungen ist immer noch die Vorbeugung - oder wenigstens eine frühzeitige Diagnose. Und genau das ist der Sinn des regelmässigen Gesundheits-Checks - auch wenn gerade keine Impfung ansteht.
Katzen verstecken ihr Leid
In ihrer ambivalenten Natur sind Katzen zwar einerseits ultraschnelle kleine Raubtiere, fühlen sich andererseits aber auch als kleine Beutetiere für grössere Jäger. Und ganz besonders wenn sie sich nicht gut fühlen oder krank sind, verhalten sich Katzen eher wie Beutetiere: Sie werden ganz unauffällig. Und darin sind sie leider richtige Meister! Ganz heimlich, still und leise passen sie ihren Lebensstil an, verändern ihre Gewohnheiten so nebenbei und keiner hat es bemerkt - bis sie so schwer krank sind, dass es oft keine Hilfe mehr gibt. Aber es muss noch nicht einmal tödlich enden - auch der chronische Schmerz einer Zahnfleischentzündung, steifer Gelenke oder die lange Zeit einer unentdeckten Schilddrüsen- oder Nierenerkrankung oder Bluthochdruck sind keine wirkliche Lebensqualität für die Katzen.
Zwei Betrachtungsweisen
Als Katzenbesitzer sieht man seine Katze in einer ganz besonderen Weise - der Blick ist emotional gefärbt und von alltäglicher Routine geprägt. Und das gilt auch für Tierärzte, wenn sie mit ihren eigenen Katzen zusammenleben. Nur wenige Menschen beobachten und analysieren die eigene Katze ganz gezielt im diagnostischen Sinne - man sieht zwar vieles, aber das Gesehene wird meist nicht zu Daten und Fakten, sondern bleibt unter der tatsächlichen Wahrnehmungsschwelle. Oder kannst du spontan beschreiben, an welchen Orten, wie oft und in welcher Abfolge sich deine Katze putzt?
Wie ihre Atemfrequenz und ihr Atemtypus ist? Oder wie und wo sie ihre Gesichtsmarkierungen deponiert und wie sich das im Laufe der Zeit verändert?
Es sind gerade diese subtileren alltäglichen Verhaltensweisen, die unbemerkt bleiben, weil sich nicht so plakativ sind und keinen Schaden verursachen. Über das Wohlbefinden der Katze sagt es aber eine ganze Menge aus, ob sie schmerzfrei fressen und sich putzen kann. Und ob sie noch ihren vertrauten Liegeplatz erreichen und sich dort wohlig entspannt räkeln kann.
Zum Zusammenleben mit Katzen gehört auch eher selten die gezielte Erforschung von Körperbereichen, welche die Katze lieber für sich selbst und privat hält.
Objektives Auge
Im Rahmen einer tierärztlichen Untersuchung wird die persönliche Betrachtungsweise durch das aktiv untersuchende, objektive Auge und Ohr des Fachmanns ersetzt. Es ist einer besondere innere Haltung, mit der eher Daten und Fakten gesammelt, analysiert und gespeichert werden, um eine Diagnose des Gesundheitszustandes zu stellen. Auch als Besitzer kannst du versuchen, ein- oder zweimal im Monat deine Katze mit objektiveren Augen zu betrachten. Eine kleine Anleitung dazu bekommst du bestimmt in deiner Tierarztpraxis oder auch in einem Erste.Hilfe-Kurs. Mit etwas Training gewöhnen sich die meisten Katzen an ein paar einfache Handgriffe und am besten funktioniert es natürlich, wenn man damit schon bei der Jungkatze beginnt!
Jährlicher Check
Ein Routine-Check beginnt mit dem, was seit der vorigen Untersuchung passiert ist, und deinen Beobachtungen, eventuellen Symptomen und Veränderungen der letzten Zeit. Am besten wäre es, der Katze etwas Zeit zu geben, um sich im Behandlungszimmer zu orientieren und im Raum frei zu bewegen. Eine Untersuchung beginnt nämlich eigentlich immer mit der ungestörten Betrachtung des Patienten - wie er sich gibt, sich bewegt und sich ausdrückt.
Ohne Berührung und direkte Beeinflussung der Katze kann auch bereits die Atmung beurteilt werden. Im nächsten Schritt wird die Katze auch körperlich untersucht - ihr Gesichtsausdruck, verschiedene Kriterien der Schleimhaut des Auges, der Nase und der Mundhöhle, eventuell auffälliger Mundgeruch. Die Lymphknoten werden am Hals - und bei älteren Katzen noch die Schilddrüse - abgetastet. Die Haut und ihre Anhangsgebilde wie Ohren oder Krallen, Schuppenbildung, Haarausfall, Parasiten sind bei der Katze ein guter Spiegel von Gesundheit und Pflegezustand. Das Gewicht wird durch Abwiegen und Betasten beurteilt und mit den letzen Daten verglichen.
Blutdruck-Kontrolle
Ein weiterer Schritt ist die Auskultation - das Abhören von Herz und Atmung mithilfe des Stethoskops, oftmals auch das Abklopfen des Brustkorbs - und schliesslich das Abtasten der Organe im Bauch- und Beckenraum. Das Messen der Körpertemperatur wird von vielen Katzen nicht geschätzt und kommt daher am besten zum Schluss, um sich nicht die weitere Kooperation zu verbauen. In Abhängigkeit vom Alter der Katze, den vorhandenen Symptomen oder Hinweisen während der Untersuchung, können Organsysteme weiter beurteilt werden.
Bei der älteren Katze sollte zum Beispiel regelmässig der Blutdruck gemessen, der Augenhintergrund betrachtet und der Zustand der Krallen untersucht werden. Sollten immer noch Fragen offen sein, können sich weitere diagnostischen Massnahmen anschliessen - ab dem achten bis zehnten Lebensjahr etwa ist eine jährliche Blut- und Harnuntersuchung sehr sinnvoll; Ultraschall- oder Röntgenuntersuchungen, falls sich aus der Rasse oder den vorhandenen Befunden besondere Risiken ergeben.
Regelmässigkeit
Neben den erhofften guten Ergebnissen eines Gesundheits-Checks hat er auch noch den Vorteil, dass er eine gute Vergleichsdatenbasis für die Zukunft schafft. Dein Tierarzt hat die Möglichkeit, diese Katze in einem gesunden Zustand kennenzulernen, wie sie sich präsentiert, worauf sie immer schon empfindlich reagiert. Manche Katzen haben in der Praxis immer einen leicht erhöhten Blutdruck oder Herzfrequenz, ängstliche Katzen reagieren auch ohne Schmerz abwehrend, wenn sie untersucht werden. Es ist sehr sinnvoll, Katzen nicht nur dann in die Praxis zu bringen, wenn es etwas zu "reparieren" gibt, sondern ihr die Gelegenheit zu geben, eine einigermassen vertraute Geschäftsbeziehung mit dem Praxisteam aufzubauen. Damit können spätere Symptome oder Reaktionen dieser indivieduellen Katze wesentlich besser eingeordnet und verglichen werden. Freue dich also, wenn es deiner Katze gut geht, verzichte deshalb nicht auf zukünftige Untersuchungen!
Auf Nummer sicher gehen
Das Leben einer Katze verändert sich sehr viel schneller und innerhalb eines Jahrzehnts ist aus dem Teenager schon ein Mitglied des Seniorenclubs geworden. Je älter die Katze wird, desto wichtiger wird der regelmässige Gesundheits-Check. Ein Jahr ist genaugenommen für die Gesundheit einer älteren Katze ein viel zu langer Zeitraum, in dem sich schon chronische Krankheiten entwickeln können. Je älter die Katze also wird, desto kürzer sollten die Abstände für Untersuchungen werden.
Kleine Checkliste für die Untersuchung zu Hause
→ Gewicht - z.B. in einer kleinen Schachtel auf die Personenwaage stellen
→ Body Condition Score - Tastbarkeit von Rippen, Wirbelsäule, Becken; Fettdepot in der Leistengegend; Silhouette von der Seite und von oben
→ Flächiges Streichen über den ganzen Körper, ob es Umfangsvermehrungen oder Knoten gibt
→ Die Zähne sollten weiss und das Zahnfleisch rosa sein, ein geringer Mundgeruch ist normal
→ Das Gesicht der Katze studieren - Gesichtsausdruck, Augen und Symmetrie
→ Kämmen mit dem Flohkamm und auf Unregelmässigkeiten wie übermässiger Haarausfall, Schuppen, Krusten, schwarzen Flohkot achten